ERSTER BRIEF AN TIMOTHEUS
Paulus schreibt diesen Hirtenbrief seinem langjährigen und vertrauten Mitarbeiter Timotheus, den er zur Leitung der dortigen Gemeinde in Ephesus zurück gelassen hat (1.Tim 1,1-3). Die genaue Datierung des Briefes erweist sich als schwierig, da die beschriebenen Begebenheiten schwierig mit den Beschreibungen der Apostelgeschichte zu vereinbaren sind. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass der Brief erst nach der Aufzeichnung der Apostelgeschichte verfasst worden ist, das heisst nachdem Paulus in Rom in Gefangenschaft war (Apg 28, 16, 30-31). Er hoffte ja auf seine baldige Freilassung hoffte (Phil 2,24, Philem 22) und es ist gut möglich, dass Paulus wirklich freikam und zurück nach Griechenland und Kleinasien gereist ist, wo Schwierigkeiten in den Gemeinden aufgetaucht waren. Wenn das der Fall ist, dann dürfte dieser Brief um 63-64 AD geschrieben worden sein, während Paulus auf seiner «vierten» Missionsreise ist. Paulus und Timotheus wären dann schon seit 13 oder 14 Jahren engste Mitarbeiter, nämlich seit der zweiten Missionsreise oder AD 50.
Bis zu diesem Zeitpunkt hat Timotheus vorübergehend schon verschiedene Gemeinden geleitet und verschiedene Aufträge für Paulus ausgeführt. In diesem Fall schien es Paulus wichtig, Thiotheus speziell zu unterstützen und zu ermutigen, da dieser relativ jung und eher scheu erschien und damit gegenüber der grossen Gemeinde in Ephesus einen schweren Stand hatte, die gesunde Lehre zu verteidigen.
Die Gemeinde in Ephesus wurde von Paulus Mitarbeitern Aquila und Priscilla und Apollos gegründet und aufgebaut (Apg 18, 18-19, 18,24-28). Paulus selber arbeitete etwa drei Jahr in Ephesus (53-55 AD) und benützte sie als seine Basis, von wo aus er lehrte, Mitarbeiter schulte und die ganze Umgebung evangelisierte (Apg 19,8-10). Als er ein Jahr später mit den Ältesten der Gemeinde spricht (Apg 20,17-35) sagt er, dass er ihnen die «ganze Absicht Gottes» weiter gegeben habe und warnt sie, dass eine der kommenden Schwierigkeiten der Gemeinde falsche Lehrer sein werden (Apg 20,29-30).
Ephesus war ein Zentrum des griechischen Götzenkults aber auch für schwarze Magie, Geheimreligionen und gnostisches Gedankengut. Daher wurde die Gemeinde von Anfang an bedrängt, sah sich grosser Opposition gegenüber (Apg 19,11-41, 2. Kor 1,8-9) und führte einen fortwährenden Kampf gegen Irrlehren und ihre Exponenten. Im ganzen werden fünf davon mit Namen erwähnt: Hymenaeus, Alexander (1 Tim 1,20), Phygelus, Hermogenes (2.Tim 1,15) und Philetus (2.Tim 2,17), zwei davon sogar doppelt.
Darum ermahnt Paulus Timotheus vor allem, ein wahrer und vorbildhafter Leiter zu sein. Er ermutigt ihn ein guter Diener Christi zu sein, ein wahrhaftiger Lehrer des Wortes Gottes, ein Beispiel in Gottgefälligkeit, wahrer Lehre, gutem Verhalten, Liebe, Glauben und Reinheit. Dadurch erwirbt sich Timotheus das Recht und die Autorität andere zu lehren, zu ermahnen und zu korrigieren (1.Tim 4,6-16). Paulus gibt ihm weitere Anweisungen gute Leiter für die Gemeinde zu ernennen, Älteste und Diakone, Personen, die sich durch einen gottgefälligen Lebensstil, Selbstbeherrschung und Gastfreundschaft auszeichnen (1.Tim 3,1-13).
Er weist Timotheus an, diejenigen die eine falsche Lehre vertreten, herauszufordern und, falls sie nicht einlenken, zum Schweigen zu bringen. Als falsche Lehren beschreibt er zum Beispiel die, die sich übermässig aufs Gesetz, Abstammungstafeln oder jüdische Mythen berufen (1.Tim 1,3-7) oder Abstinenz von gewisser Nahrung oder von Heirat verlangen (1.Tim 4,1-3). Paulus weist Timotheus auch an, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die andere aus selbstsüchtigen Motiven heraus lehren oder beeinflussen wollen, Motiven wie Andere beherrschen wollen (1.Tim 1,7), Vergnügen (1.Tim 5,6), Klatsch (1 Tim. 5,12-13) oder Habgier (1.Tim 6,5 10).
Alle falschen Lehrer, die Paulus hier anspricht und die sich nicht einsichtig zeigten, waren Männer. Es scheint aber, dass Frauen auch eine Rolle spielten in der Irreführung und der falschen Lehre, derer die Gemeinde ausgesetzt war. Auf der einen Seite findet es Paulus nötig junge Witwen zurechtzuweisen, die untätig und tratschend nur fürs Vergnügen leben (1.Tim 5,6; 13-15), auf der andern Seite scheint es eine spezifische Frau zu sein, die falsche Lehre verbreitet und die Gemeinde negativ beeinflusst. Im Gegensatz zu den Männer, die falsche Lehre verbreiten und die Paulus auch beim Namen nennt, erwähnt er den Namen dieser Frau nicht. Es scheint Paulus hofft, dass diese Frau durch richtige Unterweisung, zu der er Timotheus aufruft (1.Tim 2,11), zur Wahrheit finden wird. Aber in der Zwischenzeit soll sie weder Lehren noch die Gemeinde beeinflussen (1 Tim 2,11-12).
Paulus erwähnt jüdische Mythen, die scheinbar in Ephesus vorherrschend waren, wie dass die Frau die Quelle der Weisheit ist und dass Männer nur durch Frauen zur Erkenntnis kommen, eine Parodie von 1.Mose 3,6. Paulus entgegnet, dass es nicht Weisheit und Erkenntnis waren, die durch Eva in die Welt kamen, sondern Sünde und Täuschung. Er hört aber nicht dort auf, sondern erwähnt die Verheissung, dass durch Eva (oder durch ihr Geschlecht) derjenige geboren wird, der Satan besiegt, Jesus (Gen 3,15) und dass durch ihn die Erlösung kommt (1 Tim 2,15).
Kommt.
Kommt.