PREDIGER
In diesem herausfordernden Buch greift Salomo die Dinge, die wir normalerweise schätzen, erstreben und uns darauf verlassen an und zeigt, dass ohne Gott und eine grössere, ewigkeitsbezogene Perspektive selbst gute Dinge ihren Wert verlieren und vergänglich sind.
Das Buch Prediger bildet zusammen mit Hiob und den Sprüchen die Biblische Weisheitsliterartur und wurde von Salomo verfasst. Prediger provoziert den Leser unkonventionellen, ja unorthodoxen Aussagen und einer völlig negativen, abgelöschten Haltung.
Viele Aussagen des Buchs Prediger – aus dem Zusammenhang gerissen – stehen in klaren Widerspruch zum Rest der Bibel, zum Beispiel: «die Erde wird ewig bestehen», «das gleiche Schicksal erwartet alle Menschen» oder «es gibt keinen Unterschied zwischen Menschen und Tieren», um nur einige zu nennen. Es liegen aber auch Widersprüche innerhalb des Buches vor, zum Beispiel finden wir: «Tod ist besser als Leben» aber dann auch «Leben ist besser als Tod». Prediger enthält so unorthodoxe Aussagen, dass man sich fragen kann, ob dieses Buch überhaupt biblisch ist. Wie muss man dieses Buch verstehen?
Der Autor wird beschrieben als «der Prediger, der Sohn Davids, König über Israel in Jerusalem» (Pred 1,1). Diese Beschreibung trifft nur für Salomo zu. Auch die jüdische Tradition nennt klar Salomo als der Autor von Prediger. Da der Autor seine Aussagen auf viel Lebenserfahrung zurück führt (Pred 1,12-2,11) kann man annehmen, dass Salomo es später in seinem Leben geschrieben hat. 1. Kön 11,1-8 beschreibt, dass Salomon in seinem späteren Leben Gott ungehorsam wird und in Götzendienst fällt. Darum glauben viele, dass Prediger Salomos gefallenen Zustand ausdrückt. Andere sehen in der Schlussfolgerung am Ende des Buches eine Umkehrung von allem vorher gesagten: «Lasst uns die Summe aller Lehre hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das macht den ganzen Menschen aus» (Pred. 12,13). Andere denken das Buch wurde von einem reumütigen Salomo geschrieben, der Israel warnen will, nicht so zu handeln wie er. Und wieder andere denken, es wurde von einem noch gottesfürchtigen Salomon bewusst so herausfordernd und pessimistisch verfasst, um seine Leser dazu zu bringen, über Gott und was wirklich im Leben zählt, nachzudenken und sich dafür einzusetzen. Seine Aussagen sind wirklich wie «Stachel» (Pred 12,11), die die Menschen in die richtige Richtung treiben sollen.
Die bekannteste, immer wieder wiederholter Aussage ist «Alles ist nichtig (vergebliche Mühe) – gerade so, als wollte man den Wind einfangen.» Wie muss man dies verstehen? Das Wort «nichtig» bedeutet wörtlich übersetzt «Rauch», etwas das man sehen kann, was einem in Auge und Nase sticht, aber das unstet, nicht greifbar, nicht kontrollierbar, leer, vergeblich, frustrierend, täuschend und vergänglich ist. Salomo erklärt so ziemlich alles «nichtig» zu sein, selbst gute Dinge wie das Leben selbst, die Familie, gute Werke, Freude und Weisheit. Warum denn das? Wo liegt das Problem mit diesen guten Dingen?
Eine Antwort ist, dass sie eigennützig gebraucht werden und dann zu Eifersucht und Groll führen, wenn man sie loslassen sollte. Eine andere Erklärung ist, dass obwohl das Gesetz das «wenn-dann» Prinzip lehrt und das ja oft auch zutrifft (gutes Tun führt zu Segen) es eben nicht immer so ist. Menschen haben kein Anrecht auf Glück und können Wohlergehen nicht einfordern. Es gibt Dinge, die funktionieren nicht, Ereignisse, für die wir keinen Grund oder Sinn erkennen können, aber Gottesfurcht lehrt und, die Realität wie sie ist von Gott anzunehmen, anstatt gegen die Wand zu laufen, wegen irgenwelcher vermeintlicher Ansprüche. Eine noch andere Antwort ist die, dass auch gute Dinge, wenn sie zur obersten Priorität werden und wir unsere Zufriedenheit nur davon abhängig machen, zu Götzen werden. Auf dem Erhalt von etwas zu beharren wird dann dazu, auf diesem mehr als auf Gott zu beharren, und das ist Problem beladen.
Eine andere bekannte Aussage ist die: «Es gibt nichts neues unter der Sonne». Prediger enthält viele negative und bedrückende Aussagen: alles wiederhole sich, alles ist immer das Gleiche, alles ist bedrückend, es gibt keine wirkliche Veränderung, keine Entwicklung, keinen Einfluss des Menschen auf irgendwas. Die Natur dreht sich im Kreis, Generationen kommen und gehen, Ungerechtigkeit und Enttäuschung bleiben zurück. Salomo häuft diese beklemmenden, ja hoffnungslosen Aussagen an, um eine Antwort zu provozieren, einen Widerspruch auszulösen, den Leser zu einem Kampf herauszufordern, zu einem Eintreten fürs Leben und die Wahrheit.
Im Gegensatz zu dieser zermürbenden, immer wiederkehrender Sicht der Zeit, zeigt der Prediger aber etwas positiveres auf: «Alles auf der Welt hat seine Zeit» und «Er hat alles vortrefflich gemacht in seiner Zeit» (Pred 3,1; 10). Ein williges Annehmen von dem, was Gott uns jetzt gerade gibt, ist die Einstellung die uns hilft mit allem fertig zu werden und auch die guten Sachen im Lebens zu geniessen: «Denn wessen Leben Gott mit Freude erfüllt, der denkt nicht viel darüber nach, wie kurz es eigentlich ist» (Pred 5,19). Und obwohl es keine Garantien gibt, so dürfen doch diejenigen, die Gott fürchten, die seine Gebote halten (Pred 12,13) und sich an ihren Schöpfer schon in jungen Jahren wenden (Pred 12,1) mit einem guten Leben und einer Hoffnung, die ewig hält, rechnen.
Kommt.