RUTH
Das Buch Ruth beschreibt die Geschichte einer Israelitischen Familie während der Richterzeit, als eine Hungersnot herrschte (Ruth 1,1). Es ist eine meisterhaft erzählte Geschichte, die sich hell und hoffnungsvoll von dem dunklen Hintergrund der Richterzeit absetzt.
Elimelech aus Bethlehem entscheidet sich, mit seiner Frau Naomi und den Söhnen Mahlon und Chilion, in der Hoffnung auf ein besseres Leben ins Nachbarland Moab zu ziehen. Die Hoffnung zerbricht, wenn Elimelech dort stirbt. Die Familie kehrt nicht nach Israel zurück und die beiden Söhne heiraten moabitische Frauen; Mahlon heiratet Ruth und Chilion heiratet Orpa. Als aber die beiden Söhne auch noch sterben, entscheidet sich die hinterbliebene Naomi nach Israel zurück zu kehren, wo sich anscheinend die wirtschaftliche Situation verbessert hat.
Beim Abschied entlässt Naomi ihre beiden Schwiegertöchter mit einem Segen, so dass diese in ihre eigene Gesellschaft zurückkehren und hoffentlich wieder heiraten können. Orpa entscheidet sich für diesen vernünftigen Weg, aber Ruth hat in irgend einer Weise in Naomi und dem Gott Israels etwas gesehen, das sie nicht verlassen will. Entgegen allem gesunden Menschenverstand und Bedenken von wegen Sicherheit und Zukunft, kehrt sie mit Naomi nach Israel zurück.
Um sich über die Runden zu bringen beginnt Ruth damit, hinter den Erntearbeitern das liegengelassene Getreide aufzusammeln. Diese hilfreiche Gesetzgebung für Landlose ist im mosaischen Gesetz vorgesehen (3.Mose 19,9-10; 5 Mose 24,19-22). Ruth erfüllt die im Gesetz genannten Anforderungen gleich dreifach, sie ist ein Fremdling, eine Witwe und arm. Sie arbeitet fleissig und sorgfältig und das wird von mehreren bemerkt, darunter Boas, einem Verwandten von Elimelech, in dessen Felder Ruth die Resten einsammelte. Boas bringt Ruth für ihre schwierige Situation Verständnis entgegen und bekräftigt sie in ihrem selbstlosen Verhalten. Er stellt sicher, dass viel Sammelgut übrigbleibt und sie als Frau von den andern Erntearbeitern nicht belästigt wird. Ruth ist dankbar, bescheiden und arbeitet hart, um das meiste aus der Erntesaison herauszuholen.
Naomi bemerkt die Grosszügigkeit und das Zuvorkommen Boas ihnen gegenüber und setzt ihre Hoffnung nun auf eine andere Vorkehrung, die im mosaischen Gesetz verankert ist, die sogenannte Schwager-Ehe. Falls ein Mann eine kinderlose Witwe zurück lässt, dann sollte sein Bruder die Frau heiraten und ihr einen Nachkommen geben, der dann den Familiennamen und das Erbe des verstorbenen Mannes weiter trägt (5.Mose 25,5-10). Obwohl keine Brüder von Elimelech am Leben sind, und auch Mahlon keinen lebenden Bruder für Ruth hat, entscheidet sich Naomi, Boas, als nahen Verwandten, in dieser Angelegenheit anzusprechen. Ruth bringt den Mut auf und bringt Boas den Vorschlag genau so, wie sie Naomi instruiert hatte: sie nähert sich ihm in der Nacht.
Boas anerkennt die Rechtmässigkeit des Vorschlags und lobt Ruth für ihren Entschluss, sich nicht selbst irgendwo einen Ehemann zu suchen. Er lässt sie jedoch wissen, dass noch jemand anders da ist, der Ruth näher verwandt ist als Boas. Boas verspricht aber, dass er sich der Sache annehmen wird, und falls der andere sie nicht heiraten will, dass er es selbst zu tun bereit sei.
Schon am nächsten Morgen bespricht Boas die Situation mit dem andern Verwandten, der zuerst Interesse zeigt, das Erbe Elimelech anzutreten. Als er sich aber bewusst wird, dass er mit dem Erbe auch das Sorgerecht für die Witwe Ruth samt Schwiegermutter übernommen muss und dass ein Sohn geboren von Ruth nicht sein eigener Erbe, sondern jener Elimelechs wäre, lehnt er dankend ab. Boas andrerseits willigt entgegen seiner eigenen Interessen ein, der Rechtmässigkeit aber auch Ruth und Naomi zu liebe. Er erledigt die nötigen gesetzlichen Vorgaben und heiratet Ruth. Ruths Glaube und ihre Treue werden durch eine gottgefällige Ehe belohnt. Im Verlauf gebiert Ruth einen Sohn, Obed, der der Vater von Jesse und der Grossvater von David wird. Ruth und Boas werden damit geehrt, dass sie durch die Ältesten gesegnet werden (Ruth 4,11) und gemäss deren Segens «einen Namen» in Bethlehem bekommen: Ruth und Boas sind die Ahnen von David und Jesus und werden in deren Geschlechtsregister erwähnt. Ruths Geschichte ist somit ein wunderbares Beispiel, wie Gott grosszügig diejenigen segnet, die im Glauben anderen dienen und wie er diejenige Gesellschaft segnet, die nach seinem Gesetz lebt.
Das Aufzeigen der Verbindung von Ruth und Boas mit David gibt diesem Buch noch eine andere Bedeutung. Wir sehen darin eine eigentlich Familiengeschichte von David. Warum will der Autor die Familiengeschichte Davids bekannt machen und wer war wohl der Autor dieses Buches?
Vielleicht gab es Leute, die Davids Eignung als König bezweifelten, weil David keine rein Israelitischen Vorfahren hat (5.Mose 23,3 und eventuell 5.Mose 17.15). Vielleicht versucht der Autor dem entgegen zu halten, indem er aufzeigt, dass Davids Urgrossmutter, obwohl Moabiterin, eine wirklich bekehrte und gottgefällige Frau war. Der Prophet Samuel, der eben erst David zum König gesalbt hat, könnte derjenige gewesen sein, der diese Nachricht verbreitete um die Anerkennung von Davids Führerschaft zu unterstützen.
Kommt.