SACHARJA
Sacharja fordert die zurückgekehrten Juden auf, demütig und mit vollem Einsatz den Tempel wieder aufzubauen und sich auf den kommenden Messias zu freuen, der Hirte, Priester und König in einem sein wird.
Der Prophet Sacharja spricht zu den vom babylonischen Exil zurückgekehrten Juden. Als Kyrus, der König von Medo-Persien in 539 BC das Babylonische Reich erobert, macht er die Babylonische Zwangsumsiedlungs- und Völkervermischungspolitik rückgängig. Er erteilt in 538 BC den von Babylon ins Exil geführten Völkern die Erlaubnis, in ihr Heimatland zurückkehren und dort ihre Tempel wieder aufzubauen (Esra 1,2-4). So erfüllt sich Jeremias Prophezeiung, dass das Exil nur siebzig Jahre dauern werde (Jer 29,10).
Etwa zweiundvierzig tausend hoch-motivierte Juden nehmen in 536 BC diese historische Chance wahr und kehren ins verheissene Land zurück. Den Juden erging es im Exil gar nicht so schlecht und Alles, was sie dort aufgebaut haben, zurückzulassen bedeutete einen echten Verzicht. Die Juden, die sich zur Rückkehr entschliessen sind darum diejenigen, die glauben, dass Gottes Ruf auch nach dem Exil auf ihnen ruht, dass Gott ihr Schicksal wenden wird und dass sich die grossartigen Vorhersagen der Propheten Jesaja, Micha und Amos erfüllen werden.
Im Gegensatz zu dieser hohen Hoffnung und grossen Erwartungen finden die zurückgekehrten Juden eine alles andere als ideale Situation vor. Sie sind immer noch politisch noch immer unter dem heidnischen Medo-Persischen Reich, sie müssen das Land mit andern Völkern teilen, die in der Zeit des Exils eingewandert waren und ihre wirtschaftliche Situation ist ebenfalls nicht rosig. Zwar bauen die Juden sofort nach ihrer Rückkehr den Altar in Jerusalem wieder auf, führen die Opferdienste und die grossen Feste wieder ein und legen die Fundamente des Tempels (Esra 3,3-7), aber schnell sehen sie sich mit Widerstand konfrontiert. Die fremden Völker, unter denen sie nun lebten, gebrauchen Einschüchterung und Bestechung um den Wiederaufbau des Tempels zu verhindern (Esra 4,4-5). Die Rückkehrer werden entmutigt, verschieben den Wiederaufbau des Tempels und wenden sich zuerst einmal dem Wiederaufbau der eigenen Existenz zu. So vergehen sechzehn Jahre.
Dann, in 520 BC, beruft Gott die Propheten Sacharja und Haggai, um die Juden zum Wiederaufbau des Tempels zu bewegen. Sacharja ruft die Juden zuerst zur Umkehr auf (Sach 1,1-6) und versichert ihnen dann, in acht recht verzwickten Visionen (Sach 1,7-6,8), dass Gottes Hand mit ihnen sei. Die Visionen enthalten verschiedene Themen: Gott, der die Seinen beschützt, der sie erneut segnet, der ihre Feinde besiegt, der noch mehr Juden auffordert, zurückzukehren, der von Neuem Jerusalem auserwählt, der die Sünde verdammt, der die Sünde seines Volkes wegnimmt und der hinter der Beständigkeit der jetzigen Grossmacht Medo-Persien steht.
Immer wieder treten in den Visionen zwei Personen auf. Die erste ist Serubbabel, der von Medo-Persien eingesetzte Statthalter Judäas, einem Enkel des Königs Jojachin aus der königlichen Linie Davids. Die andere Person ist der derzeitige Hohepriester Jeschua. In einer Vision sieht Sacharja die beiden Männer als Ölbäume, die einen Leuchter mit Öl versorgen (Sach 4). Die Botschaft soll Serubbabel ermutigen, für den Wiederaufbau des Tempels auf Gott zu vertrauen: «Was du vorhast, wird dir nicht durch die Macht eines Heeres und nicht durch menschliche Kraft gelingen: Nein, mein Geist wird es bewirken! Das verspreche ich, der Herr, der allmächtige Gott. Ein Berg von Hindernissen wird sich vor dir auftürmen, aber ich räume sie aus dem Weg. Wenn der Tempel wieder aufgebaut ist, wirst du den Schlussstein einsetzen – unter dem Jubel des Volkes!» (Sach 4,6-7).
In einer andern Vision wird der Hohepriester Jeschua von Satan angeklagt, dann aber von Gott rein gemacht. Gott gibt ihm die Verheissung eines neuen Triebs, eines einzigen Steines, der die Sünde des Landes in einem Tag wegwischen wird (Sach 3,9). In noch einer andern Vision verschmelzen die beiden Figuren, der Regent und der Priester, in einen gekrönten Hohepriester, unter dem «aus weiter Ferne Menschen kommen werden und beim Bau des Tempels mithelfen» werden (Sach 6,15). Diese Voraussagen und Bilder sind klar messianisch und erfüllen sich in Jesus, der der neue Trieb, der Eckstein, der König aller Könige und der wahre Hohepriester in einem ist, der Erbauer des lebendigen Tempels, der Gemeinde mit Menschen aus allen Ländern.
Sacharja wird dann von einer Gruppe von Juden befragt, die seit der Zerstörung des ersten Tempels, das heisst während der letzten siebzig Jahren an speziellen Tagen gefastet haben. Der Prophet benützt ihre Frage um sie zu echter Umkehr und echtem Fasten herauszufordern, worunter er eine volle Hingabe Gott zu suchen und ihm zu gehorchen, versteht (Sach 7-8).
Die restlichen Kapitel sind schwierig zu interpretieren, aber viele bekannte Zitate im Neuen Testament, die sich auf Jesus erstes Kommen beziehen, stammen aus diesen Kapiteln: «Frohlocke sehr, du Tochter Zion; jauchze, du Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir; ein Gerechter und ein Retter ist er, demütig und reitend auf einem Esel, und zwar auf einem Füllen, einem Jungen der Eselin» (Sach 9,9). Jesus wird als der abgewiesene Hirte dargestellt, dessen Wert dreissig Silberstücken entspricht (Sach 11) und als der Durchbohrte, der betrauert wird (Sach 12-10-14). Sacharjas Prophezeiung schliesst mit Bildern ähnlich der Beschreibung von Jesu zweitem Kommen in der Offenbarung des Johannes: der endgültige Sieg Gottes, das Gericht, die Entfernung alles Bösen und einer atemberaubenden Neuschöpfung.