HEBRÄER
Der Hebräerbrief geht an Judenchristen in der Verfolgung, die versucht sind, sich unter dem Deckmantel ihrer jüdischen Identität zu verstecken. Der Autor zeigt ihnen auf, dass Jesus die Erfüllung von allem ist, was im jüdischen Glauben wichtig war, und dass durch eine Verneinung von Jesus auch alles wichtige im jüdischen Glauben verloren ist.
Der Autor dieses Briefes ist unbekannt. Barnabas, Paulus, Apollos oder sogar Priscilla werden als mögliche Autoren aufgeführt, aber es bleibt ein Geheimnis, wer diesen eindrücklichen Brief geschrieben hat. Doch niemand der ihn liest, zweifelt an der Autorität, der tiefen Einsicht in das Alte Testament oder der Leidenschaft des Autors.
Der Hebräerbrief ist an Judenchristen geschrieben, die schon einmal schwierige Umstände erlebt hatten (Heb 11,32) und sich nun erneut inmitten einer schweren Verfolgung befinden. Wahrscheinlich handelt es sich um die Verfolgung unter Nero von 64-67 AD, die sich nur gegen Christen richtete. Daher muss es eine grosse Versuchung für die Judenchristen gewesen sein, sich hinter ihrer jüdischen Identität zu verstecken, damit sie als «nur Juden» der schrecklichen Verfolgung entgehen konnten (Heb 12,4).
Der Briefschreiber zeigt klar und warnt deutlich, dass das Aufgeben von Jesus das Aufgeben von allem bedeutet, was in jüdischen Glauben wichtig ist. Um seinen Standpunkt deutlich zu machen vergleicht der Autor über zehn Kapitel hinweg Jesus mit verschiedenen Personen, Dingen oder Institutionen, die im jüdischen Glauben sehr viel bedeuten. In jedem Fall zeigt er auf, dass Jesus alle diese Personen und Dinge bei weitem überragt und auf einer höheren Ebene erfüllt: Jesus steht über den jüdischen Propheten: sie verkündeten Gottes Wort, aber Jesus, als Gottes Sohn, spricht nicht nur die Worte Gottes, sondern er selbst ist «Gottes letztes Wort», die Repräsentation von Gott auf Erden (Heb 1,1-4).
Jesus steht über den Engeln: sie sind gehorsame Diener Gottes, aber Jesus sitzt zur Rechten Gottes und ist gekrönt mit Ehre und Herrlichkeit (Heb 1,5-2,13), kein Vergleich mit der Stellung der Engel.
Jesus steht über Mose: der war treu in Gottes Haus als Diener, Jesus dagegen wacht treu über Gottes Haus als Sohn (Heb 3,1-6).
Jesus steht über dem verheissenen Land: Josua gabt den Israeliten zwar Frieden und Besitz des verheissenen Landes, aber in Jesus ist ein viel umfassender Frieden versprochen und erkauft worden: das Heil, die Erlösung (Heb 4,1-11).
Jesus steht über dem hohen Priester: Die hohen Priester selber waren sündhaft und sterblich. Die Priester mussten immer wieder in einem von Menschen gemachten Heiligtum für ihre eigenen Sünden und die des Volkes opfern. Im Gegensatz dazu war Jesus sündlos und opferte ein für alle Mal das einzige Opfer, das je wirklich Sünde wegnahm und Vergebung brachte: er opferte sich selbst am Kreuz. Jesus steht nicht in der Priesterlinie von Aaron, sondern in der von Melchisedek, welche eine frühere und höhere Rangordnung hat, als die von Aaron (1.Mose 14,17-21, Psa 110,5). Jesus ist somit der Vermittler eines besseren Bundes.
Der Briefschreiber erbringt in dieser Weise den Beweis, dass Jesus die ultimative Erfüllung von allem ist, das den Juden von Gott versprochen wurde, und dass diejenigen, die Jesus zurückweisen damit auch den ganzen Sinn des Judentums verwerfen. Wer Jesus verwirft, dem bleibt im Judentum nur eine leere Hülle.
Der Autor ermahnt seine Leser eindringlich, trotz Verfolgung stark zu bleiben «unbeirrbar an der Hoffnung festhalten, zu der wir uns bekennen; denn Gott ist treu und hält, was er zugesagt hat» (Heb 10,23). Er erinnert sie an viele Beispiele von Menschen im Alten Testament, die auch in grossen Schwierigkeiten an den Verheissungen Gottes festgehalten hatten und so Gottes Verheissungen ererbten. Er fordert seine Leser auch heraus, den Preis zu zahlen und sich mit nicht-jüdischen Christen zu treffen (Heb 10,25), diejenigen im Gefängnis zu besuchen, an die zu denken die gefoltert werden (Heb 13,3), auch Fremden Gastfreundschaft zu gewähren, wobei er wahrscheinlich an Flüchtlinge dachte (Heb 13,1). Alle diese Taten bedeuten Risiko, sie werden die Judenchristen unweigerlich weiter in Gefahr bringen und die Aufmerksamkeit der Obrigkeit auf sie ziehen. Der Autor ermutigt sie, sich ihrer Leiter zu erinnern, die als Märtyrer gestorben sind, und deren Glauben nachzueifern.
Kommt.
Kommt.